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QUIDDITCH IN DEUTSCHLAND

BY CLARE BRAGANZA

Als ich im Oktober 2017 mein Auslandsjahr in Süddeutschland anfing, stellte ich mir vor, dass ich neue Freunde durch Volleyball oder Kneipentouren finden würde. Die letzte Sportart, die ich plante auszuprobieren, war Quidditch.

            „Ist Quidditch eine echte Sportart?“ fragen Leute. „Gibt es Besen?“

            Die Antwort lautet: Ja, und ja.

Quidditch stammt von den fiktionalen Harry Potter Büchern ab, in denen Harry den Schnatz für Gryffindor fängt und als Retter eingreift. In der Realität wurde Quidditch 2005 in den USA gegründet und wird heutzutage an mehr als 100 Universitäten gespielt. Es gibt eine jährliche Quidditchweltmeisterschaft sowie eine Qualifikationsprüfung für die große Vielfalt an Schiedsrichtern.

Überraschenderweise sind die Regeln kompliziert. Quidditch ist eine Mischung aus Fußball, Rugby und Dodgeball und es gibt sieben Spieler pro Mannschaft, aber nur vier Spielpositionen: die Jäger, ein Hüter, die Treiber und ein Sucher. Quidditch ist ein Vollkontakt-Sport und man muss einen Mundschutz tragen. Obwohl es in den USA anfing, ist Quidditch im Moment zunehmend beliebt weltweit. Exeter hat die Quidditchmannschaft „Exeter Eagles“, die kürzlich das Wessex-Turnier gewann und sich für die britische Meisterschaft qualifizierte und wie ich herausfand, hat Deutschland eine neuentstehende Quidditchszene.

Meine quasi professionelle Sportkarriere fing an, als ich mich zu spät an der Universität Tübingen immatrikulierte und alle angebotenen Sportvereine ausgebucht waren. Ich hatte schon Angst, dass ich keine deutschen Freunde finden würde und ich wollte sowohl mein Deutsch üben als auch meinem Heimweh entgegenwirken. Deshalb meldete ich mich zögerlich für die Tübinger Quidditchmannschaft, namens „Tübinger Thestrale“, an. Die erste Trainingssitzung fand drinnen statt. Wir mussten den Ball werfen und fangen –  mit einem Besen zwischen unseren Beinen. Klingt komisch? Das Laufen mit einem Besen war das komischste Gefühl, aber die Besen waren zumindest nicht die traditionellen Besen aus den Büchern, sondern dünne Plastik-Besen, die von dem Deutschen Quidditchbund genehmigt wurden.

Nach der Trainingssitzung sagten die Trainer uns, dass das erste Turnier im Dezember in Bamberg stattfinden würde. Bevor ich es merkte, liefen wir den ganzen Tag im tiefen Schnee herum und wir spielten gegen Mannschaften aus ganz Deutschland, wie z.B. die „Berliner Bludgers“ und „Bielefelder Basilisken“. Wir wurden für einen YouTube-Livestream verfilmt und ein Sportkommentator sagte unsere Namen, wenn wir ein Tor schossen. Umgeben von den Weihnachtsmärkten, neuen Freunden und den idyllischen Gebäuden Bambergs dachte ich das erste Mal, dass Deutschland vielleicht meine zweite Heimat werden könnte. Meine Zeit mit den „Tübinger Thestralen“ führte zu den besten Momenten meines Auslandjahrs, einschließlich einer Fahrt in die Therme im Winter und einem Camping-Wochenende in der Mitte Leipzigs. Bei den bundesweiten Turnieren traf ich Spieler nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus der ganzen Welt, wie z.B. Kanada und Slowenien.  

Obwohl mein Auslandsjahr vorbei ist und ich derzeit zurück in Exeter bin, geht mein Quidditchspielen mit den „Exeter Eagles“ weiter. Die Sportart ist sehr international; erst kürzlich war eine der besten Mannschaften Deutschlands bei einem Turnier in Bristol. Vielleicht werde ich eines Tages gegen die „Tübinger Thestrale“ spielen. Falls ich in der Zukunft nach Deutschland zurückkehre, werde ich auf jeden Fall eine Arbeitsstelle in einer Stadt suchen, die eine Quidditchmannschaft hat.

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