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‚JEDER FÜR SICH UND GOTT GEGEN ALLE‘ VON WERNER HERZOG

BY ANNIE DAVIES

Werner Herzog ist einer der berühmtesten Regisseure des deutschen Kinos. Seine Filme schaffen oft eine Mischung aus Jenseitigkeit und Realität und der Film Jeder für sich und Gott gegen alle (auf Englisch The Enigma of Kaspar Hauser), der 1974 erschien, ist zweifellos ein gutes Beispiel davon. Der Film erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, Kaspar Hauser, der seine ersten achtzehn Jahren in einer dunklen Zelle verbrachte. Eines Tages wird er in der Mitte einer Stadt gefunden und es wird deutlich, dass Kaspar über keine Sprachfähigkeit verfügt. Während des Films, versuchen die Stadtbürger diesen komischen Mann in die Gesellschaft zu integrieren.

Das Interessanteste an diesem Film ist vielleicht das Benehmen von Kaspar. Wegen seiner bisherigen Isolierung hat er nichts davon gelernt, was wir in unserer Gesellschaft für selbstverständlich halten. Abgesehen von seinen sprachlichen Unfähigkeiten, scheinen seine Reaktionen auch seltsam zu sein, zum Beispiel als er sich an einer Flamme verbrennt. Als das passiert, schreit er nicht, sondern weicht nur kurz zurück. Für die Bürger, die sich an ihm anpassen müssen, ist dies merkwürdig und manche machen sich lustig über ihn wegen seiner fehlenden sozialen Kenntnisse. Während dieses Films wird es dem Zuschauer bewusst, wie viel unseres Benehmens von unserer Gesellschaft abhängig ist. Ohne Kontakt mit anderen Menschen während unserer Entwicklung, hätten wir große Schwierigkeiten uns anzupassen.

Kaspar wird dann als Verrückter behandelt und in einem Zirkus ausgestellt, wo seine Abnormalitäten der Öffentlichkeit zur Schau getragen werden. Für die meisten, ist er nicht viel mehr als ein Tier. Es ist fast unmöglich, kein Mitleid mit Kaspar zu haben. Der Film stellt uns Fragen über die Menschenwürde und zwingt uns darüber nachzudenken, wie wir diejenigen unter unseren Mitmenschen behandeln, die ein bisschen anders sind.

Kaspar ist aber nicht für immer ein Opfer. Es ist einfach zu vergessen, dass, obwohl er nicht gut kommunizieren kann, er doch Gefühle hat und spüren kann, wenn man ihn böse behandelt. Schlußendlich wird er von einem Profesoren in Schutz genommen und  lernt nach und nach zu sprechen und mit anderen zu interagieren. Obwohl diese Aufgabe schwierig ist, gelingt es Kaspar komplizierte Gefühle und Erlebnisse ganz klar auszudrücken – ein Erfolgsprozess, den Gelehrte seit vielen Jahren analysieren. Kurz gesagt: dieser Film zeigt, dass ein Erfolgserlebnis nicht nur etwas für die Elite ist.

Die Integrierung in die Gesellschaft scheint Kaspar nicht unbedingt etwas Gutes zu sein. Obwohl sein Vormund ihm erzählt, was er damit erreichen könnte, besteht Kaspar darauf, dass das Leben in seiner Höhle besser war. Durch seine Ankunft in der Stadt realisiert Kaspar, dass er viel Zeit verloren hat, und er wird sehr deprimiert. Am Anfang hingegen war er allein und ohne Mitmenschen ganz zufrieden. Jetzt werden ihm die Erwartungen der Gesellschaft bekannt und zum ersten Mal fühlt er sich Außenseiter. Es wirft die Frage hinaus, wie wir ohne Erwartungen anderer Leute wären.

Kaspar fasst diese Entfremdung zusammen, als er ein Baby zum ersten Mal in den Armen hält: „…ich bin von allem…abgetan.“

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