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ERFAHRUNGEN IN EINER DEUTSCHEN GEMEINSCHAFTSSCHULE

BY ALICE PEPLOW

Als ich im September in Deutschland ankam, um als Fremdsprachenassistentin zu arbeiten, hatte ich das Vorurteil, dass die nächsten neun Monate für mich einfach sein würden, zumindest was meine Arbeit betrifft. Sowohl ich, wie auch viele anderen Fremdsprachenassistenten, welche ich in einem kurzen Ausbildungskurs kennengelernt habe, hatten das Gefühl, alle deutschen Schüler seien ruhig, ordentlich und lernwillig. Aus diesem Grund war ich schlecht auf die Realität vorbereitet: deutsche Schüler können genauso widerspenstig, unhöflich und ungehorsam sein wie wir!

Hier in Deutschland gibt es viele unterschiedlichen Arte von Schulen. Ich arbeite an einer Gesamt- oder Gemeinschaftsschule, die vergleichbar ist mit typischen Staatsschulen in Großbritannien. Ich verbrachte fünf langen Jahre in solch einer Schule während meiner eigenen Ausbildung und obwohl meine deutsche Gemeinschaftsschule Unterricht für sieben -  bis achtzehnjährige anbietet, habe ich das Verhalten, das ich hier gesehen habe, manchmal schockierend gefunden.

Was ich gar nicht erwartet habe, ist die Disziplinlosigkeit. Es gibt nichts, wie das britische Detention, und überhaupt keine Konsequenzen für schlechtes Benehmen. Infolgedessen werden Schüler von der Unfolgsamkeit nicht abgeschreckt und auch nicht gefördert mehr zu lernen. Darüber hinaus gibt die Schule keine Hausaufgaben, weil Schüler eine Stunde pro Tag haben, alle ‚Hausaufgaben‘ zu erledigen. Leider scheint die Konsequenz zu sein, dass die Noten leiden, da die Schüler keine Gelegenheit haben, die gelernte Information selbstständig und im eigenen Tempo zu konsolidieren oder weiter zu recherchieren. Zusammengefasst: der Fortschritt der Schüler wird aufgehalten und die Lehrer scheinen ständig frustriert, dass sie den Kindern in der gegebenen Zeit so wenig beibringen können.

Die Schule, an der ich arbeite, konzentriert sich besonders auf die Integration und Einbindung von allen Schülern und fördert eine stärkere Kommunikation zwischen Lehrkräften und Eltern. Es ist nicht außergewöhnlich, dass Lehrpersonen am Wochenende mehrere Telefonanrufe von Eltern erhalten. Obwohl man auf dem ersten Blick denken könnte, dass dieser Zugang eine persönlichere Atmosphäre erschafft, was oft an Schulen fehlt, belastet es einfach die schon überlasteten Lehrkräfte mit zusätzlicher Verantwortung. Manchmal nutzen Eltern die Gelegenheit, den Lehrern die Schuld für das schlechte Verhalten ihres Kindes zu geben. Oft behaupten sie, dass der Lehrer ihr Kind „auf dem Kieker“ hat. Die Wahrheit ist aber, dass eine Klasse aus zahlreichen Schülern besteht, die besondere und anspruchsvolle Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten haben, die zu Wutanfällen und gewaltigen Ausbrüchen führen können. Andere Klassen sind einfach unmöglich zu unterrichten, da die Schüler nie schweigen.

Mein Ziel ist nicht, das deutsche Schulsystem zu verteufeln, aber hervorzuheben, wie ähnlich die Probleme sind, mit denen deutsche und britische Schulen konfrontiert sind und meine Überraschung über die Disziplinlosigkeit zu teilen. Oft schicken meine Familie und Verwandte mir Artikel, in dem der Autor das deutsche Bildungssystem leidenschaftlich lobt und empfiehlt, dass Großbritannien dem Vorbild folgen sollte, um unser eigenes System zu verbessern. Was ich in vier Monaten gelernt habe, ist jedoch, dass es kein magisches Rezept gibt. Alle Schulen, ob in England oder Schleswig Holstein, müssen die gleichen Herausforderungen bewältigen bei der Ausbildung ihrer Schüler.

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